The Day After

Oder zu Deutsch: Der Tag ist im Arsch.

(Ich bitte die Wortwahl zu entschuldigen, aber sie kommt von der Handpuppe an meiner rechten Hand. Mehr dazu später. Handpuppen sind im Trend, eine davon wird die Regierung führen. Aber ich schweife ab.)

Zwei Seelen leben in meiner Brust. Die eine, sie sei charakterisiert durch eine Handpuppe an meiner linken Hand, ist der Karl, wie man ihn weitläufig immer wieder sieht. Brav mit Anzug, feinem Hemd und Krawatte. Er steht für Sachlichkeit, für Logik, für System, für Strategie und Bildung. Ob des Wahlergebnisses grinst er unbeteiligt, für Empathie sieht er sich nicht zuständig.

Er meint, man (ja eh Frau auch) solle verschiedene Perspektiven setzen:
Das Ergebnis aus Sicht der Bundesgrünen, der Landesgrünen, der Bezirksgrünen, der Grünen Mondseeland und aus seiner eigenen Position.
Die ersten beiden Blickwinkel, so mahnt er, seien von uns, also von ihm und mir, nur zu Informationszwecken und für ein allgemeines Verständnis einzunehmen, mehr Energie lohne sich wohl bei den zweieinhalb von unten. Eine Wahl, meint er, sei ein reiner Marketingprozess. Diesen hätten die Grünen nicht ideal bedient und dies aus zwei hauptsächlichen Gründen: Erstens, weil sie lieb sind, etwas von Arbeit und Wahrheit halten und weil sie Macht, zumindest im Großen und Ganzen, wenig schätzen. Zweitens, weil die Reichen ihr Geld den anderen zur Verfügung stellen und so eine Marketingkampagne einfach ein Schweinegeld kostet.
So, meine Damen und Herren, gewinnt man keine Schlacht, und diese Wahl war eine Schlacht. Aber im gleichen Atemzug stellt die Puppe meiner linken Hand fest, dass das eben die Grundzüge der Grünen seien, und dass er sich, so wie ich, sofort von den Grünen verabschieden würde, wenn dem nicht oder nicht mehr so wäre. Schon kompliziert.

Die Grünen, rezitiert er, seien ein sehr positives Angebot in der Gesellschaft und der Souverän der Demokratie, also die Wähler, hätten das eben zu wenig erkannt und nicht honoriert. Nicht, weil sie es nicht als wunderbar, sinnvoll, schön und zukunftsorientiert gesehen haben: Sie haben nicht ganz zu Unrecht befürchtet, die Entwicklung gehe derzeit nicht in Richtung einer Verfeinerung einer errungenen Zivilisation, sondern eher in Richtung eines destruktiven Machtkampfes und einer Hinwendung zur Gewalt. Und wer bitte möchte ihnen widersprechen? Wo ist die positive Arbeit für die Menschen? Meine linke Hand meint ALLE Menschen, nur zur Sicherheit.

Was habe ich da im Hintergrund gehört? Man solle sie doch erst einmal machen lassen? Träumer!

Nur einen Moment später mahnt die Puppe im Nadelstreif, man solle nicht in der Vergangenheit verharren, sondern das Gelernte in den fast drei Ebenen von unten einsetzen. Besonders in der letzen, aber auch in der vorletzten: Bei den Grünen Mondseeland und bei sich selbst. Die Puppe sieht aus wie Vranitzky, ich strecke ihr die Zunge heraus. Sie hat kein Staberl…

Wenn man unserer Handpuppe zur Linken aber näher rückt und eines ihrer Hosenröhrl hochzieht, sie hasst das, dann sieht man bunte Socken. Diese erinnern an ihren Bruder an der rechten Hand an den wir uns nun wenden wollen.

Autsch! Die unangenehmste Eigenart dieses Typen ist ein Bambusstaberl in seiner Hand. Nicht zu dick, damit es nicht wirklich verletzt, aber rund 60 cm lang und flink gehandhabt. Er grüßt nicht, er zieht mir eine über. Seinen Kopf ziert die Narrenkappe mit Schellen, sein Wams besteht aus bunten Stoffstücken und seine Schnabelschuhe sind mit den gleichen hell klingenden Schellen besetzt, wie die Kappe. Er ist, und daran besteht kein Zweifel, ein Narr.

Als ich ihn nach seiner Meinung bezüglich der Wahl frage, gibts natürlich zuerst eine auf den Sender (autsch). Und dann geht eine wahre Kanonade an Schimpfwörtern über mir nieder, ausnahmsweise nicht gegen mich, sondern gegen den Souverän. Narren, besonders mittelalterliche, haben eine eigene Beziehung zu ihrem Herrn. Autsch! Mittelalterlich, rief er, möchte er sich verbitten! Auch, wenn Schimpfworte vorkamen die ich noch nicht kannte: Ich kann sie hier einfach nicht wiedergeben.

Wir könnten eine Anleihe nehmen bei Bernhard und Handke, meint er, und uns in einer Tirade der Publikumsbeschimpfung erleichtern. Nicht mein Ding, ich schreibe einen Blog. „Lusche“ schimpft er und zieht mir eine über.

Es gelingt mir nur selten, dem Schalk das Stöckchen zu entreissen und ihm damit eine zu geben. Jetzt gerade war so ein bemerkenswerter Moment. Aber es ist nicht befriedigend, denn dann schweigt er schmollend und seine Possen und sein Rat gehen mir ab.

„Was jetzt?„ frage ich den Kerl und seine einzige Antwort ist: „Staberl!“
Ja bin ich blöd und gebs ihm wieder? Ja, bin ich. Und wer glaubt, er setze es nun sparsamer ein, irrt gewaltig: Autsch!

Ihr Affen habt die Sache versemmelt (autsch), weil ihr nicht erkannt habt, dass ein guter Teil der Entscheidungen auf Ebene der Gefühle getroffen wird (autsch), wenn nicht sogar der überwiegende Teil! (Autsch!) Weil ihr eure Argumente, eure Lösungen, eure Vorschläge einsetzt, wie ich mein Staberl! (dreimal autsch!) Weil ihr mir nicht zuhört, sondern nur dem Affen da an der linken Hand! (Autsch!) Ihr langweilt immer wieder eure Fans (autsch!), verlangt hochtrabende Dinge (autsch!) und kümmert euch um Sachen, die eure Wähle als weniger wichtig empfinden (autsch).

Gut und schön meine ich, und weiter? 
Was weiter? Lernt damit zu leben und macht euren Wähler klar, warum euer Handeln eben in dieser Zeit so nötig ist. Heisse Luft und Bösartigkeiten bekommen sie doch wahrlich ausreichend von den anderen. Warum in diesem Satz keine (autsch!) vorkommen, er mir also keine übergebraten hat, werde ich bis ans Ende meiner Tage nicht verstehen.

Mondsee, am bemerkenswert braunen Montag den 16. Oktober. Herbst ist.